Auszug aus dem Lesebuch zur Langenbrettacher Ortsgeschichte

Verantwortlich: Gerhard Groß (Grundschule Langenbrettach)
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Seelachstraße 2, 74177 Bad Friedrichshall


Vorwort

Unsere Lebenswelt hat sich in diesem Jahrhundert für uns Menschen in einem noch nie dagewesenen Tempo und auf völlig neu Art und Weise verändert. Noch können viele ältere Menschen von dieser ,,Umbruchzeit" erzählen, Interessantes und Wissenswertes weitergeben und uns damit vielleicht auch zum Innehalten und Nachdenken bewegen. In diesem Sinne kann das Ortsgeschichtenlesebuch dazu beitragen, daß (nicht nur) Schüler an ganz konkreten und oft bekannten/verwandten Menschen örtliche Gegebenheiten in ihrem Werden anschaulich erleben und verstehen können. ,,Durch das Erleben, Erfahren und Verstehen des heimatlichen Raumes, dem insbesondere der Heimat- und Sachunterricht verpflichtet ist, erwerben die Kinder grundlegende Einsichten. Die aktive Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten kann die Kinder ansprechen und ergreifen. Sie trägt dazu bei, daß Kinder sich mit ihrem Lebensraum identifizieren und dort Heimat gewinnen können." (Bildungsplan Grundschule)

Natürlich ist dies nicht allein durch das Lesen und Besprechen der vorliegenden Geschichten möglich. Wie sich u.a. beim Malen der Bilder immer wieder zeigte, klafft zwischen Lesen und vermeintlichem Wissen einerseits und einer wirklichen, anschaulichen Vorstellung von den Dingen andererseits, eine oft nicht unerhebliche Lücke. Die Geschichtensammlung könnte dazu anregen - wo immer möglich und sinnvoll - schulisches Lernen zu öffnen und z.B. nach Außen - an die konkreten Schauplätze der Erzählungen - zu verlegen, oder auch die Außenwelt in die Schule zu bringen, um dadurch mehr wirkliches, konkret-anschauliches Wissen und Verstehen zu ermöglichen.

Darüber hinaus wendet sich die Geschichtensammlung nicht nur an Schüler, sondern an Alt- und Neubürger von Langenbrettach und alle, die sachliche, anekdotisch-lustige oder sonstige persönlich gefärbte Erzählungen aus der Vergangenheit der Langenbrettacher Ortsteile - die durchaus allgemein-exemplarisch für die erzählte Zeit sein dürften -erfahren möchten. Vielleicht kann dadurch ein Stück (auch eigene) Vergangenheit lebendig gehalten werden. Die Bilder der Grundschüler sollen den Betrachter zunächst einfach erfreuen, sie sollen auch für den Versuch stehen, eine ,,Brücke" zwischen GESTERN und HEUTE zu bauen.



Wolfgang Schaaf, Bürgermeister
Gerhard Groß, Rektor

 


Ein Backtag


Wenn Mutter um 9.00 Uhr zum Backen eingeteilt war, fing sie um 7.00 Uhr
mit dem Teig an. Es konnte aber auch sein, daß sie schon um 6.00 Uhr ins
Backhaus mußte, dann blieb ihr nichts anderes übrig, als schon um 4.00
Uhr mit Teigrühren anzufangen.

Der Brotteig wurde in einem großen hölzernen Trog aus 15 bis 20 kg Mehl, mit Hilfe von Wasser, Sauerteig, etwas Hefe und Salz angerührt. War der Teig ordentlich geknetet, formte Mutter 3-4 Pfund schwere Kugeln und legte sie zum Aufgehen in Strohkörbe. Dann machte Mutter noch einige Blechkuchen, die es dann mit viel Kaffee zum Mittagessen gab.

Die 6, 8 oder 10 Brote, die am Backtag gebacken wurden, reichten dann für eine Weile. Und weil es ja keinen Kühlschrank oder gar Kühltruhe gab, legte Mutter das frische Brot im Keller auf ein Lattengestell. Dieses Gestell nannte man ,Horde'. Oft war es mit Ketten so an der Kellerdecke befestigt, daß man es hochziehen konnte. Das war wichtig, damit sich die Mäuse nicht über das Brot hermachen konnten.


Nach einer Erzählung von Gertrud Hermann und Frieda Hettenbach aus Brettach


 
Die Ernte um 1920


Zur Ernte bekamen die Kinder Ernteferien, welche die Schulräte mit den Lehrern gemeinsam festlegten. Die Kinder mußten dann in den Ferien bei der Ernte mithelfen.

Wir hatten im Gewann Schweinsgrube einen Acker mit Weizen stehen. Vater bestimmte, bevor es losging, wer alles mit mußte. Mir wurde aufgetragen, die Bänder auszulegen. Bereits im Winter, bei schlechtem Wetter, wurden diese Seile aus Roggenstroh im Viehstall von Hand gedreht. Immer 50 Strohseile wurden zu einem Bündel zusammengefaßt.

Wenn es dann zur Ernte ging, mußte jeder ein solches Bündel Richtung ,,Schweinsgrube" tragen. Der Weg war weit und anstrengend. Zum Glück konnte man auch abkürzen. An der heutigen Talhalle vorbei führte ein Fußpfad schräg zwei Böschungen hoch und dann weiter bis zu unserem Feld. Dieser Weg hatte für mich einen besonderen Reiz, da Kornblumen, Mohn, Kamillen und andere Feld- und Wiesenblumen diesen schmalen Pfad säumten. So war es natürlich nicht verwunderlich, daß ich mich manchmal ganz schön verspätete.

Bis ich an Ort und Stelle war, schwang Vater schon oft den Haferrechen
und legte die Mahd an das noch stehende Getreide Ich mußte mich mit dem Auslegen der Strohseile beeilen, damit meine Schwester mit der Sichel das Gemähte im Rückwärtsgehen auflegen konnte. Gleich war die Garbe zum Zusammenbinden fertig. Immer vier solche Büschel wurden mit den Ähren nach oben aufgestellt.

Diese sogenannten ,,Puppen" stellte man dann so schräg, daß sie dem
Wind standhalten konnten. War alles trocken, wurde mit der Abfahrt
begonnen. Bei der letzten Fuhre wurde zum Zeichen der Freude und des
Dankes ein kleiner Maibaum auf den voll beladenen Wagen gesteckt.

Nach einer schriftlichen Erzählung von Friedrich Rößler, Überarbeitung:
Grundschule Langenbrettach

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